Zinsniveau 2012: Baugeldzinsen in Deutschland noch günstig – wie lange noch?

Die derzeit ablaufende Tragödie um Griechenland ist der krampfhafte Versuch der europäischen Politik, die eklatanten Konstruktionsfehler der Gemeinschaftswährung zu kaschieren und auf ein Wunder zu hoffen, das selbstheilende Wirkung entfaltet. Das Kernproblem liegt darin, dass Politiker ihre politischen Ziele und Vorstellungen meist losgelöst von den volkswirtschaftlichen oder betriebswirtschaftlichen Realitäten verfolgen. Die Aufnahme Griechenlands in den Euro ist dafür ein gutes oder sollten wir besser sagen, ein schlechtes Beispiel.

Finanzmärkte nehmen Schuldenschnitt Griechenlands vorweg
Nicht nur Brüssel hat aus politischen Kalkül das manipulierte Zahlenwerk der Griechen zum Aufnahmezeitpunkt für bare Münze genommen. Viel schlimmer noch: Man hat fast 10 Jahre lang das Ausmaß der griechischen Misswirtschaft nicht verstanden und daher auch in keinster Weise versucht, dies zu korrigieren. Die Missstände im griechischen Staatsapparat und im öffentlichen Sektor sind derart haarsträubend, dass man sie nicht übersehen hätte können, hätte man sich nur ansatzweise dafür interessiert. Doch selbst zwei Jahre nach dem griechischen Offenbarungseid hat man immer noch das Gefühl, dass es der Politik in Berlin und Paris nicht um eine Lösung des griechischen Wirtschaftsproblems geht, sondern eigentlich nur um die Aufrechterhaltung der Zinszahlungen, um Schaden von den eigenen Banken abzuwenden und gegebene Garantieerklärungen nicht schlagend werden zu lassen. Nur so ist es zu erklären, dass man ernsthaft meint, mit einem neuen Sparpaket – das die griechische Wirtschaft endgültig in die tiefe Rezession stürzen wird – und völlig illusorischen Erwartungen an Privatisierungserlöse das Problem in den Griff zu kriegen. Griechenland wird unter der Gesamtlast der Schulden und des Schuldendienstes schließlich zusammenbrechen und in den nächsten 24 Monaten wird es genau den großen Schuldenschnitt geben, den man jetzt mit allen möglichen Tricks verhindern will. Dass die Finanzmärkte selbst nach der Zustimmung des griechischen Parlaments zum Sparpaket das so sehen, kann man an den unverändert hohen Zinsen auf griechische Staatsanleihen sehen. Mit 30% für zwei Jahre Laufzeit und über 15% für zwölf Jahre antizipiert der Markt weiterhin einen Schuldenschnitt von mindestens 50%. Wahrscheinlich ist es aber notwendig, den Griechen sogar bis zu 80% der aktuellen Staatschulden zu erlassen, um ihnen einen Neustart mit Erfolgschance zu ermöglichen. Und selbst dann ist nicht sicher, ob sie diese Chance innerhalb des Euros überhaupt nutzen können. So schlecht ist die griechische Volkswirtschaft in Punkto Geschäftsmodell und Wirtschaftsstruktur heute aufgestellt. Zum Schuldenerlass wären wahrscheinlich noch kräftige Investitionsförderungen erforderlich, um den Umbau in den nächsten zehn Jahren zu stützen.

Gefahr durch Risiko 2-Länder
Das Beispiel Griechenland beschreibt aber auch eine Kategorie von Staaten, die derzeit am weltweiten Anleihemarkt zu unterscheiden sind. Kategorie 3 sind nämlich jene Staaten, die schwaches Wirtschaftswachstum und gleichzeitig außer Kontrolle geratene Staatsverschuldung haben. Die Finanzmärkte haben das Vertrauen in die Rückzahlungsfähigkeit dieser Kategorie 3 Länder verloren und verlangen daher exorbitante Zinsen. Dazu gehören neben Griechenland auch Portugal, Irland, Spanien und eine Reihe osteuropäischer Staaten, aber auch Länder wie Dubai. Allen ist gemeinsam, dass sie keine funktionierenden Geschäftsmodelle haben und daher am Tropf der EU, des IWF oder reicher Nachbarn hängen. Kategorie 1 sind jene Länder, die starkes Wachstum haben, relativ geringe Staatsverschuldung und Zinsen, die im Einklang mit Konjunkturverlauf und Inflationsraten stehen. Dazu gehören z. B. die BRIC-Länder, Australien, Kanada und derzeit auch noch Deutschland sowie einige europäische Kernländer. Problematischer sieht es bei Kategorie 2 aus: das sind jene Länder, die sehr hohe, bzw. stark steigende Staatsverschuldung haben, relativ geringes Wachstum, aber aus unterschiedlichsten Gründen derzeit noch das Vertrauen der Finanzmärkte genießen. Im hochverschuldeten Japan ist es die bisher noch standhafte Fähigkeit, das enorme Defizit über japanische private Spargelder zu finanzieren. In den USA ist es der noch bestehende Status als Reservewährung Nummer 1, der die Gläubiger vorerst ruhig bleiben lässt. In England sind es die langen Laufzeiten der ausstehenden Staatsanleihen die den Druck noch erträglich machen. In Italien ist es ähnlich wie in Japan das hohe inländische Sparaufkommen und in Frankreich der Status als zweitgrößter Markt der EU, der vorerst Herrn Sarkozy noch im bequemen Windschatten von Frau Merkel fahren lässt, obwohl die Fundamentaldaten in Frankreich bei Weitem schlechter sind als in Deutschland. Das Riskante an der Situation ist, dass einige große Kategorie 2-Länder in den nächsten Jahren Gefahr laufen, das Vertrauen der Finanzmärkte zu verlieren und plötzlich mit höheren Zinsen, sprich Risikoaufschlägen, bedacht werden. Diese höheren Zinsen würden aber bei diesen Ländern schnell zum Kollaps führen.

Und selbst die Kategorie 1-Länder müssen wachsam sein. Macht Deutschland über Garantieerklärungen und eine schleichende Etablierung einer Transferunion die Probleme der Kategorie 3-Länder plötzlich zu ihren eigenen, so wird der Finanzmarkt darauf mit höheren Zinsen reagieren. Und die Kategorie 1-Länder müssen wachsam sein, dass die Kategorie 2-Länder nicht den Druck erhöhen, über Inflationierung ihr Verschuldungsproblem zu lösen. Die USA haben diesen Weg bereits eingeschlagen und auch England driftet in diese Richtung. Auch aus dieser Ecke ist zukünftig mit Aufwärtsdruck bei den Zinsen zu rechnen.

Auf Nummer sicher gehen und Baugeldzinsen langfristig fixieren
Baufinanzierungskunden empfehlen wir daher weiterhin, die noch immer günstigen Zinsen über langfristige Zeiträume abzuschließen und auch bei Anschlussfinanzierungen auf Kalkulationssicherheit zu setzen.

Quelle: Kommentar zum Zinsniveau 2012 der Interhyp AG vom 01.07.2011

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