Zinskommentar 2014: Italien wird immer mehr zum entscheidenden Faktor

Mit dem Wahlausgang in Italien ist einmal mehr klar geworden was die Wähler von technokratischen Regierungen, die unter dem Druck der Troika von Europäischer Union, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds eingesetzt wurden, um die Krisenländer zu stabilisieren halten – einfach gar nichts.

Sparkurs in Krisenländern so nicht durchsetzbar
Mario Monti, der von Angela Merkel als Nachfolger von Silvio Berlusconi als Krisenmanager zum Ministerpräsidenten inthronisiert wurde, hat gerade mal zehn Prozent der Wählerstimmen gewinnen können. Obwohl er von der Troika und von allen externen Beobachtern als Schlüssel zur Wiederherstellung des Vertrauens in die Reformfähigkeit Italiens gesehen wurde. Die italienischen Wähler denken da anders. Sie wollen weder Steuererhöhungen, noch Einschnitte ins Sozialsystem, noch Strukturreformen und Liberalisierung. Sie wollen eigentlich nicht mal den Euro und schon gar keine Mitbestimmung aus Brüssel oder wie sie es eigentlich sehen, aus Berlin. 60 Prozent der Wähler haben daher ihre Stimme EU- und Euro-kritischen Gruppierungen gegeben. Sie haben es fast geschafft, Silvio Berlusconi wieder zum stärksten Spieler zu machen, den Quell für den Reformstau der letzten zehn Jahre. Sie haben 25 Prozent der Stimmen einer italienischen Version von Stefan Raab/Karl Valentin gegeben, um so gegen die Parteien, gegen die Politik als Ganzes und gegen Sozialabbau im Besonderen zu votieren. Spätestens mit diesem Wahlausgang ist jetzt klar, dass die Austeritätspolitik, die Frau Merkel den Krisenländern verordnen wollte, so nicht durchsetzbar ist. Wie auch immer die Regierungsbildung in Italien aussehen wird – jetzt ist Schluss mit Sozialabbau. Sehr zur Freude von Monsieur Hollande, der ja in Frankreich die gleiche Agenda hat. Nur noch eine Frage der Zeit, wie lange Spanien bei 30 Prozent Arbeitslosigkeit und 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit die Sanierungsmodelle der Troika noch mitmacht. Mit der Affäre, die Regierungschef Rajoy gerade bekämpft, könnte sich das Blatt auch dort schnell wenden

Leitzinsen werden historisch tief bleiben
Wenn nicht Austerität, scharfer Sparkurs und Steuererhöhungen der Weg sind, was bleibt dann? Die alten Mittel der Südländer wie Abwertung der Währung, Lockerung der Geldpolitik und Inflationierung stehen wieder hoch im Kurs. Wenn es mühsam nicht geht und keiner mitmachen möchte, dann muss man eben hinten rum die Probleme (scheinbar) lösen. Mit Mario Draghi hat Italien ja schon einmal die Macht in der EZB übernommen und alles, was wir bisher von Herrn Draghi gesehen haben, zeigt auch seinen Willen, den Politikern über die Runden zu helfen. Er hat die Notenpresse angeworfen und damit den Politikern Entwarnung gegeben – frei nach dem Motto: falls ihr die Reformen nicht hinkriegt, dann steht die EZB bereit, das Problem zu lösen. Mit dem Wahlausgang in Italien steht auch fest, dass die extreme Niedrigzinspolitik der EZB uns noch länger erhalten bleibt auch im Hinblick auf die Zinsentwicklung 2014. Auch Aufkäufe von Staatsanleihen der Krisenländer werden bei einer Zuspitzung des Regierungschaos in Italien wieder verstärkt auf die Agenda kommen. Und bei der Gelegenheit wird man auch beginnen, den Euro schwach zu reden, da eigentlich niemand in Euroland Interesse an einem stärkeren Euro hat – nicht einmal die disziplinierten Deutschen, Holländer und Österreicher. Neben Japan wird also auch Euroland in Zukunft stärker auf den Außenwert seiner Währung bedacht sein.

Wir gehen daher davon aus, dass die Leitzinsen historisch tief bleiben. Die Kapitalmarktzinsen in Deutschland werden ebenfalls ganz tief bleiben, da weiterhin der deutsche Staatskredit als Bollwerk der Stabilität gesehen wird und die Zinsen für die Krisenländer wieder steigen werden. Sollte sich die Wahl in Italien zu einer langen Hängepartie mit Neuwahlen und einem weiteren Ruck Richtung Euro-Kritiker bewegen, so erwarten wir auch ein Wiederaufflammen der Diskussion über Euro-Mitgliedschaften einzelner Länder. Das Thema Eurozone und Wiederherstellung von Wachstum in Europa ist also weit von einer Lösung entfernt – vielmehr bewegen wir uns fast nach Drehbuch in die nächste Phase der Krise. Deutschland wird immer mehr isoliert und die Allianz der Südländer wird stärker – die Frage bleibt, wo uns die Krisenländer mit ihrer Mehrheit in Euroland demnächst hinführen.

Spekulation auf noch tiefere Zinsen riskant
Für Baufinanzierungskunden in Deutschland hat die Entwicklung weiterhin viele Vorteile. Tiefe Zinsen über alle Laufzeiten und stabile bzw. in vielen Städten sogar steigende Immobilienpreise. Trotzdem halten wir die Spekulation auf noch tiefere Zinsen als Zinsprognose 2014 für riskant. Wer ein Immobilienprojekt durchziehen möchte, sollte gerade bei diesen historisch tiefen Zinsen für Kalkulierbarkeit sorgen und je nach seiner eigenen Zielvorstellung der Schuldenfreiheit auf längere Laufzeiten und auch auf höhere Tilgungsraten setzen.

Quelle: Kommentar zur Zinsentwicklung 2014 der Interhyp AG vom 01.03.2013

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