Zinsentwicklung 2014: Unveränderter Leitzins der EZB stellt vieles in Frage

Leitzinssenkung für Februar ungewiss

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat in ihrer jüngsten Sitzung vergangene Woche den Leitzins weiterhin auf dem Niveau von 0,75 Prozent belassen. Offen bleibt, ob die EZB eine Leitzinssenkung im Februar beabsichtigt. Für die Baufinanzierungszinsen in Deutschland bedeutet dies vorerst einen leichten Aufwind. In welche Richtung sich die Finanzierungszinsen für Häuslebauer in den kommenden Monaten entwickeln werden, hängt maßgeblich von der konjunkturellen Entwicklung Europas und dem Signal, das die EZB von ihrer Februar-Sitzung senden wird, ab.

Leitzins aus vielen Gründen unverändert

In der ersten Sitzung im neuen Jahr beschloss das Gremium der Europäischen Zentralbank (EZB) einstimmig, den Leitzins bei 0,75 Prozent zu belassen. Eine Senkung des Leitzinses sei zum aktuellen Zeitpunkt nicht geeignet, sagte EZB-Präsident Mario Draghi. Zwar sei die wirtschaftliche Entwicklung Europas noch immer mit hohen Risiken behaftet. Es gäbe aber Anzeichen für eine Stabilisierung einiger Konjunkturindikatoren auf niedrigem Niveau. Dass die EZB den seit Juni bei 0,75 Prozent liegenden Leitzins unverändert halten würde, wurde aus verschiedenen Gründen von den meisten Experten erwartet. Die Teuerungsrate hatte sich entgegen den Erwartungen im Dezember nicht verringert. Für die kommenden Monate gehen Experten aber von einer sinkenden Inflation aus, weshalb eine Leitzinssenkung dann zielführender scheint. Ob die EZB schon im Februar eine andere Entscheidung trifft, ist ungewiss. Draghi betonte, dass kein Gremiumsmitglied derzeit eine Leitzinssenkung befürwortete. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass die EZB sich hinsichtlich des Zinsniveaus 2014 die letzte Maßnahme zur Ankurbelung der Konjunktur aufsparen will.

Die Entwicklung der Inflationsrate war nicht alleine ausschlaggebend für die Entscheidung der EZB. Die Signalwirkung einer Zinssenkung hätte den Euro geschwächt. Erstmals in der Geschichte der Europäischen Währungsunion hätte dies zudem zu negativen Einlagenzinsen führen können, deren Nebenwirkungen schwer abschätzbar sind. Zudem hätte die Bundesbank einer weiteren Zinssenkung nicht zugestimmt.

Analysiert man den bisherigen Einfluss der Leitzinssenkungen auf die Realwirtschaften Europas, so zeigt sich, dass deren Wirksamkeit eher gering war. Dass die Kreditwirtschaft und damit die Investitionstätigkeit nicht angekurbelt wurden, hängt weniger mit der Höhe des Leitzinses als vielmehr mit dem fehlenden Vertrauen der Investoren, Banken und Unternehmer in die wirtschaftliche Entwicklung der Krisenstaaten zusammen. Denn trotz des niedrigen Zinssatzes, zu dem Banken Kredite aufnehmen können, sind die effektiven Finanzierungskosten für Unternehmer und Privatpersonen nicht gesunken. Die mangelnde Wirksamkeit konventioneller geldpolitischer Maßnahmen verleitet die EZB dazu, vermehrt andere Instrumente wie z.B. der Kauf von Staatsanleihen zu nutzen.

Die Auswirkungen des Ankaufs von Staatsanleihen und dessen Rechtsmäßigkeit

Draghis Ankündigung, unbegrenzt Staatsanleihen der Krisenstaaten zu kaufen, beruhigte die Märkte. Die verantwortlichen Regierungen erhielten dadurch Zeit, um ihre strukturellen und fiskalpolitischen Reformen zu initiieren und umzusetzen. Aus Angst, dass hochverschuldete Länder aus dem Euro austreten könnten, schätzen laut Draghi Investoren das Risiko und entsprechend die Risikoaufschläge auf deren Staatsanleihen ungerechtfertigt hoch ein. Obwohl die niedrigen Leitzinsen eine Richtgröße für viele kurzfristige Marktzinsen sind, blieben die Unternehmens- und Privatkredite trotzdem in den entsprechenden Ländern hoch. Draghi rechtfertigt seine Ankündigung damit, dass er diese Störung in der Übertragung des Zinssignals in die Realwirtschaft beheben wollte. Ob diese Maßnahme allerdings rechtens ist, prüft das Bundesverfassungsgericht in den kommenden Wochen. Schon vorab kündigte das Gericht an, dass es die Staatsanleihenkäufe der Notenbank genau prüfen werde. Experten rechnen jedoch nicht mit einem Urteil gegen diese unkonventionelle Maßnahme der EZB.

Die Lage außerhalb Deutschlands

Denn insgesamt sind die Risikoaufschläge der hochverschuldeten Länder seit Draghis Ankündigung im August 2012 spürbar gesunken. So hat Italien beispielsweise die niedrigsten Risikoaufschläge seit zwei Jahren. Ungeachtet dessen, bleiben die Risiken für eine Rezession weiterhin hoch. Die anstehenden Parlamentswahlen in Italien, die weiter zunehmenden Schulden des spanischen Staatshaushaltes und die ungewissen Auswirkungen der Sparpolitik in Griechenland stellen die europäische Konjunktur auf eine harte Probe. Die enge Verflechtung Zyperns mit dem griechischen Bankensystem hat zur Folge, dass nun über ein Rettungspaket für Zypern verhandelt wird. Während der Internationale Währungsfonds sich für einen Schuldenschnitt ausspricht, sind die EZB und Zyperns Präsident Dimitris Christofias vehement dagegen. Welche Auswirkungen eine erneute Rettungsaktion auf Europa haben wird, ist unklar. Sicher ist jedoch, dass es die Bilanz der EZB weiter verstär würde. Die seit der Krise aufgeblähten Bilanzen der europäischen und amerikanischen Zentralbanken stellen ein weiteres Risiko dar. Dass sich die Amerikaner in letzter Sekunde in Bezug auf ihre Steuerpolitik geeinigt hatten, wird sich hingegen positiv auf die europäische Konjunktur auswirken.

Ungewisse Auswirkungen auf die Baufinanzierungszinsen

Was bedeuten diese Entwicklungen für die Zinsprognose 2014? Weitere Leitzinssenkungen sind zwar ungewiss, aber Experten gehen davon aus, dass die EZB ihre expansive Geldpolitik bis zum Jahresende beibehalten wird. Aufgrund der genannt zweifelhaften Wirkung des Leitzinses auf die Marktzinsen einzelner Länder, gilt auch für den Baufinanzierungszins in Deutschland: Bestimmend für die Zinsentwicklung bleibt die Attraktivität deutscher Staatsanleihen im Verhältnis zu denen anderer Länder. Liegt die Spitze der Schuldenkrise, wie Finanzminister Wolfgang Schäuble und einige EU-Vertreter behaupten, hinter uns, so könnten die Baufinanzierungszinsen wieder ansteigen. Der Beschluss der EZB, den Leitzins unverändert zu belassen, stärkte den Euro und senkte insgesamt die Renditen sicherer Anlagen. Alle Anlagenformen, die – wie die Deutschen Staatsanleihen – von der Krise profitierten, könnten künftig an Attraktivität verlieren.

Stephan Gawarecki, Vorstandssprecher der Dr. Klein & Co. AG, empfiehlt Häuslebauern vor allem eins: „Wer in den nächsten Monaten eine Immobilie erwerben möchte, sollte jetzt seinen finanziellen Spielraum prüfen und die Finanzierungseckdaten festzurren.“ Denn neben dem möglichen Anstieg der Baufinanzierungszinsen spreche ein weiteres Argument für den schnellen aber überlegten Kauf. „Neben steigenden Finanzierungskosten zeigt sich insbesondere in den Ballungszentren ein deutlicher Preisanstieg der Immobilien, so dass es sich lohnt, zu handeln, um noch attraktive Objekte zu finden und dann von diesen Entwicklungen zu profitieren, statt durch sie belastet zu werden.“

Tendenz:
Kurzfristig: seitwärts
Langfristig: steigend

Quelle: Kommentar zur Zinsentwicklung 2014 der Dr. Klein & Co. AG vom 16.01.2013

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