Zinsentwicklung 2017: Leichter Zinsanstieg im Jahresverlauf erwartet

?Interhyp-Bauzins-Trendbarometer: kurzfristig günstig, langfristig aufwärts
?Mehrheit der Kreditinstitute erwartet steigende Baugeldzinsen im Jahresverlauf
?Impulse durch anziehende Inflation und Zinsschritte in den USA

Michiel Goris, Vorstandsvorsitzender der Interhyp AG: „Nachdem das alte Jahr mit einer Zinsanhebung in den USA, einer gestiegenen Inflation in der Eurozone und etwas höheren Zinsen für Immobilienkredite zu Ende gegangen ist, werden Immobilienkäufer die Zinsentwicklung in 2017 besonders gut im Auge behalten müssen. Zwar befindet sich das Zinsniveau mit unter 1,5 Prozent für Darlehen mit zehnjähriger Zinsbindung derzeit auch nach dem leichten Zinsanstieg am Jahresende noch auf historisch günstigem Niveau. Allerdings geht die Mehrheit der für das Interhyp-Bauzins-Trendbarometer befragten Zinsexperten davon aus, dass die Entwicklungen in den USA weiter auch auf die europäischen Märkte abstrahlen werden. Vor allem in der zweiten Jahreshälfte werden – infolge der erwarteten weiteren Zinsschritte der amerikanischen Notenbank und einer anziehenden Inflation – höhere langfristige Zinsen erwartet. Allerdings sollten die Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank den Anstieg auch im Rahmen halten. Mögliche politische Unsicherheiten können zudem zu Schwankungen führen.“

So privat die eigene Entscheidung für den Immobilienkauf ist, so stark ist sie von externen Faktoren abhängig. Die Politik der Notenbanken, die konjunkturelle Entwicklung sowie politische Unsicherheiten beeinflussen das Zinsniveau für die Finanzierung. Die in 2017 zu erwartenden Ereignisse und Entwicklungen haben das Potenzial, die Finanz- und Kapitalmärkte in die ein oder andere Richtung zu befeuern – sei es der Amtsantritt des US-Präsidenten, der weitere Fortgang beim Brexit, die Wahlen in Frankreich und in Deutschland. Und auch die konjunkturelle Entwicklung in Europa ist keineswegs eindeutig.

Grundsätzlich scheinen zu Jahresbeginn allerdings die Weichen an den Finanzmärkten gestellt. Der Aktienindex Dow Jones und der deutsche Leitindex DAX beendeten das Jahr mit soliden Zuwächsen auf knapp 20.000 beziehungsweise über 11.000 Punkte. Die Arbeitsmarktdaten lassen Zuversicht aufkommen. In Deutschland hat sich der Arbeitsmarkt 2016 so gut entwickelt wie seit 25 Jahren nicht, die Jahresarbeitslosenquote lag bei etwas über 6 Prozent. Der Geschäftsklimaindex des Münchner Ifo-Instituts, für den rund 7.000 Manager befragt werden, kletterte im Dezember auf 111 Punkte und damit auf den höchsten Stand seit Anfang 2012. Auch die Inflation als Indikator für die Nachfrage legte zu. Die jährliche Teuerungsrate in Deutschland lag zum Jahresende bei 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In Europa lag die Inflation zum Jahreswechsel bei 1,1 Prozent wie das Statistikamt Eurostat mitteilte – das ist der höchste Wert seit September 2013.

Die amerikanische Notenbank Fed hatte in Folge der Konjunkturknospen, die in den USA noch deutlicher sichtbar sind, bei ihrer letzten Sitzung Mitte Dezember wie erwartet die Leitzinsen um einen Viertelprozentpunkt erhöht. Viel überraschender war für viele Marktbeobachter, dass Fed-Chefin Janet Yellen in der anschließenden Pressekonferenz bis zu drei weitere Erhöhungen für 2017 ankündigte. Die Rhetorik, eine Straffung der Geldpolitik in Aussicht zu stellen, steht dabei im Widerspruch zur Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die EZB nämlich setzt trotz erster kleiner Erfolge in Sachen Inflation und Arbeitsmarktentwicklung vorerst weiterhin auf eine ultralockere Geldpolitik als Konjunkturkatalysator. Die Notenbanker hatten bei ihrer letzten Sitzung in 2016 nicht nur die Zinssätze unverändert gelassen, sondern zusätzlich angekündigt, ihr Anleihekaufprogramm bis mindestens Ende 2017 und damit noch länger als erwartet auszudehnen. Zwar sinkt das monatliche Volumen ab April 2017 um 20 Milliarden auf 60 Milliarden Euro, durch die Verlängerung werden damit aber zusätzliche 540 Milliarden Euro in die Märkte gepumpt, um Konjunktur und Inflation anzukurbeln.

„Der Zinszug ist in Bewegung geraten“

Die Erwartungen der Zinsentwicklung 2017 der für das Bauzins-Trendbarometer befragten Kreditinstitute basieren folglich vor allem auf den sich stabiler entwickelnden Konjunkturdaten und den derzeit konträr verlaufenden geldpolitischen Entwicklungen in den USA und Europa. Den leichten Zinsanstieg der letzten Wochen interpretieren viele Experten bereits als Folge der Zinsentscheidung in den USA: „Der Zinszug scheint bereits getrieben von den Aktivitäten in den USA in Bewegung gekommen zu sein“, bilanzieren etwa die Experten der Sparkasse zu Lübeck.

Kurzfristig erwartet die Mehrheit der befragten Kreditinstitute dennoch gleichbleibende oder nur ein leicht steigendes Zinsniveau 2017 – hauptsächlich, weil die EZB-Politik den Anstieg der Zinsen begrenzt. „Kurzfristig sehen wir kaum Potenzial für einen neuerlichen Renditeanstieg“, prognostiziert der Experte der Postbank und ergänzt: „Die EZB wird auch nach Reduzierung des Anleiheankaufvolumens immer noch erheblichen Einfluss auf die Marktentwicklung nehmen. Vor allem in Marktsegmenten mit geringen Nettoneuemissionen, wie Bundesanleihen und Covered Bonds, wird die Nachfrage der EZB unverändert auf ein eng begrenztes Angebot treffen und größere Renditeanstiege verhindern. Hinzu kommen politische Risiken, wie zum Beispiel der anstehende Brexit-Antrag oder Wahlen in einigen Ländern Europas, die sichere Anlagen zunächst stützen dürften.“ Ähnlich urteilt der Experte der HypoVereinsbank: „Der deutsche Rentenmarkt wird sich von der Entwicklung in den USA nicht vollständig abkoppeln können, sodass auch hierzulande mit einem höheren Renditeniveau gerechnet werden sollte. Jedoch steht die Geldpolitik der EZB, insbesondere die Verlängerung des Wertpapierkaufprogramms bis Ende 2017, einem starken Renditeanstieg mindestens bis Jahresmitte entgegen.“

„Tiefstände von 2016 werden nicht mehr erreicht“

Dass das Zinsniveau wieder auf Rekordtief fallen könnte wie in 2016, davon gehen die Marktteilnehmer nicht aus – auch wenn Schwankungen für möglich gehalten werden, etwa von den Experten der MünchenerHyp: „Die Tiefstände der Zinsen aus dem Jahre 2016 werden wir in 2017 nicht mehr erreichen. Begleitet von erheblichen Schwankungen müssen wir uns wohl auf höhere Baufinanzierungszinsen – vor allem im langen Segment – einstellen.“ Und die Experten der Commerzbank prognostizieren: „Neue Tiefstände sind unwahrscheinlich. Bauzinsen dürften im Einklang mit der Großwetterlage an den Rentenmärkten nicht weiter fallen und im kommenden Jahr tendenziell eher wieder moderat steigen.“

„Politische Unsicherheiten sollten den Anstieg begrenzen“

Den Zinsanstieg im Jahresverlauf machen die meisten Experten vor allem an den Einflüssen aus den USA fest. „Steigen die amerikanischen Renditen in Folge der aktuellen Geldpolitik, wäre es nicht erstaunlich, wenn die europäischen Renditen mitzögen. Dies erwarten wir aber erst mit zeitlicher Verzögerung“, sagt der Experte der PSD RheinNeckarSaar. Auch der Chefvolkswirt der ING-DiBa erwartet in 2017 steigende Zinsen: „Bezüglich der Zinsprognose 2017 könnte das Jahr das der stillen geldpolitischen Wende werden. Mit zwei weiteren Leitzinserhöhungen in den USA und dem Einstieg in den Ausstieg aus der ultra-lockeren Geldpolitik in der Eurozone in der zweiten Jahreshälfte sind die Voraussetzungen für steigende Kapitalmarktzinsen geschaffen.“ Allerdings erwartet der Experte ebenfalls nur einen moderaten Aufwärtstrend: „Politische Unsicherheit in den USA und Europa sollten den Anstieg deutlich begrenzen.“ Der Experte der Allianz gibt eine Einschätzung, in welcher Größenordnung sich der Zinsanstieg bewegen könnte: „Die US-Wirtschaft entwickelt sich positiv, mit drohender Inflation werden die US-Zinsen steigen. Andere Währungen werden im Vergleich zum US-Dollar schwächer werden, dies stimuliert die lokale Wirtschaft. Gleichzeitig besteht das Risiko der importierten Inflation. Es ist zu erwarten, dass der Euro-Raum mit steigenden Zinsen reagiert. Auch für die Bauzinsen erwarten wir einen Anstieg in 2017, vermutlich in einer Range von einem halben bis ganzen Prozentpunkt.“

Fazit

Das Jahr startet geldpolitisch diametral. Während die US-Notenbank ihre Geldpolitik straffen will, hält die EZB die Zügel locker. In den nächsten Monaten wird sich zeigen, wie sehr der amerikanische Konjunkturoptimismus nach Europa strahlt. Da die Bauzinsen in erster Linie von den deutschen Staatsanleihen und Pfandbriefen abhängen, sollten Immobilienkäufer hiesige Renditen im Auge behalten. Insgesamt ist aktuell davon auszugehen, dass deutsche Staatsanleihen insgesamt gefragt bleiben, was einem starken Anstieg der Renditen entgegenwirkt. So wird Baugeld vermutlich zwar teurer, aber im historischen Vergleich noch immer günstig bleiben.

Quelle: Zinsbericht der Interhyp AG vom 05.01.2017

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