Phase niedriger Baufinanzierungszinsen in Deutschland bald vorbei?

Die Zinsentwicklung 2012 war am deutschen Baufinanzierungsmarkt in den letzten vier Wochen durch starke Bewegungen geprägt. Sah es anfangs noch so aus, als würde eine 10-jährige Zinsbindung das historische Zinstief von Anfang Juni wieder erreichen, stiegen in den darauf folgenden Wochen die Zinsen mit schwankenden Tagesausschlägen von teilweise mehr als 0,10 Prozentpunkten wieder an. Hintergrund waren wieder einmal die Nachrichten zur Schuldenkrise in der Europäischen Union. Finanzkontrolleure der Europäischen Zentralbank (EZB), der Europäischen Union (EU) sowie des Internationalen
Währungsfonds (IWF) überprüfen aktuell bis Mitte September die beschlossenen Spar- und Reformanstrengungen von Griechenland. Nach ersten Schätzungen könnte sich abermals ein weiterer Finanzierungsbedarf Griechenlands in Höhe von 10 bis 50 Mrd. Euro abzeichnen. Schon spricht die griechische Regierung von einem drohenden Staatsbankrott. Kritiker einer erneuten Finanzierungsrunde – unter ihnen sind auch einige deutsche Politiker zu finden – fordern hingegen einen Stopp neuer Zahlungen und erneut einen Austritt Griechenlands aus der EU.

Welche Maßnahmen zur Lösung der Schuldenkrise wurden in den letzten Wochen auf europäischer Ebene neu andiskutiert?
Zum Einen prüft die EZB, einen negativen Einlagenzinssatz für Banken einzuführen. Banken, die Gelder bei der EZB deponieren, erhalten derzeit eine Verzinsung von 0 Prozent. Wäre dieser Zinssatz negativ, müssten die Banken eine Gebühr bei der EZB für die Hinterlegung zahlen. Hoffnung ist es, dass Banken sich dann untereinander oder auch an Unternehmen wieder verstärkt Geld leihen, was zu einer Stabilisierung des Bankensektors bzw. zur Stärkung der Wirtschaft führen könnte. Zum Anderen wurde gefordert, den europäischen Rettungsschirm ESM (Europäischer Stabilitäts-Mechanismus) mit einer Banklizenz auszustatten. Damit könnten z. B. Anleihen von Krisenländern gekauft werden, um die Refinanzierungskosten eben dieser künstlich niedrig zu halten. Mit der Lizenz ausgestattet, könnte sich der ESM bei der EZB beliebig refinanzieren und würde sein Finanzierungspotential von 500 Mrd. Euro deutlich ausweiten. Die EZB erteilte diesem Plan jedoch eine Absage.

Ein regelrechtes Kursfeuerwerk der europäischen Finanzmärkte und des Euro entfachte Ende Juli jedoch die Aussage von Mario Draghi, Präsident der EZB: „Die EZB wird alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten“, erläuterte der Banker und fügte hinzu: „Und glauben Sie mir, es wird ausreichen.“ Ohne es explizit zu benennen, spielt Herr Draghi darauf an, die EZB wieder als Käufer von Staatsanleihen in Erscheinung treten zu lassen. Dieses Programm einer indirekten Staatsfinanzierung ruht seit März dieses Jahres. Mit dem Kauf von Staatsanleihen z. B. von Ländern wie Italien und Spanien hätte die EZB die Möglichkeit, die Renditen dieser Staatsanleihen zu verringern. Infolgedessen wäre eine laufende Neuverschuldung dieser Länder wieder zu einem günstigeren Zinssatz möglich als es im Moment der Fall ist. Die EZB bekräftigte im Monatsbericht in der vergangenen Woche, dass sie die aktuellen Finanzierungskonditionen für Italien und Spanien als zu hoch erachtet und befürchtet, dass die positiven Effekte der eingeleiteten Reform- und Sparbemühungen verpuffen. Zusätzlich begründet die EZB ihre Pläne mit einer sich abschwächenden Wirtschaft in der Eurozone.

Wie bereits in der Vergangenheit geschehen, regt sich massiver Widerstand von deutscher Seite gegen die Pläne, Staatsanleihen durch die EZB aufzukaufen. Es ist zu befürchten, dass damit die Kernfunktion der EZB (Geldwertstabilität) aufgeweicht wird und der mögliche Reformwille europäischer Krisenländer erlahmen könnte. Sollte die EZB den angedeuteten Weg einschlagen, würden die Renditen deutscher Staatsanleihen stark ansteigen: Deutschland haftet dann als größter Anteilseigner der EZB erheblich mehr für die Schulden anderer Staaten. Die aktuelle Sonderkonjunktur günstiger Baufinanzierungszinsen in Deutschland hätte damit ebenfalls ein jähes Ende.

Vor diesem Hintergrund empfehlen wir gerade Immobilienbesitzern, die in nächster Zeit eine Anschlussfinanzierung vornehmen müssen, nicht auf noch günstigere Zinsen zu spekulieren und stattdessen das aktuelle Zinsniveau zu sichern. Besteht der Wunsch nach Kalkulationssicherheit, auch wenn die Anschlussfinanzierung z. B. erst in zwei oder drei Jahren ansteht, eignen sich hierfür Forwarddarlehen. Lassen Sie sich die Möglichkeiten durch ein Angebot unserer Berater aufzeigen.

Tendenz:
– Kurzfristig: stark schwankend seitwärts
– Langfristig: aufwärts

Quelle: Kommentar zur Zinsentwicklung 2012 der Dr. Klein & Co. AG vom 14.08.2012

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