Beschluss der EZB zum unbegrenzten Ankauf von Staatsanleihen läutet steigende Zinsen ein

Im letzten Monat bewegten sich die Zinsen für Baufinanzierungen in Deutschland auf niedrigem Niveau seitwärts schwankend. Trotz fallender Zinsen zum Monatsende wurde das Zinstief von Anfang Juni nicht mehr erreicht. Die geringen Schwankungen spiegeln die abwartende Haltung während der Sommerpause wider, bevor im September zahlreiche Termine anstehen, die über das Schicksal der Eurozone entscheiden werden. Bereits die Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) Anfang des Monats hat Bewegung in die Märkte gebracht: Mario Draghi, der Präsident der EZB, hat im aktuellen Beschluss verkündet, dass die EZB Anleihen der Euro-Krisenländer in unbegrenzter Höhe ankaufen wird.

Auch fällte das Bundesverfassungsgericht (BHG) vor wenigen Tagen sein Urteil zur Grundgesetzkonformität des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Der BGH hat den Beitritt zum dauerhaften Euro-Rettungsschirm unter dem Vorbehalt genehmigt, dass Deutschlands Zahlungen auf die vereinbarten 190 Milliarden Euro beschränkt bleiben. „Darüber hinausgehende Zahlungen seien nur mit Zustimmung des Bundestags möglich“, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle in Karlsruhe. Zusätzlich müssten trotz Schweigepflicht der ESM-Mitarbeiter Bundestag und Bundesrat ausreichend unterrichtet werden. Diese beiden Vorbehalte müssen bei der Ratifizierung der ESM-Verträge eingebracht werden. Bereits die Ankündigung der Maßnahmen der EZM und das Urteil des BGH haben zu einem positiven Impuls an den Märkte geführt.

Aktuell prüfen die Inspektoren der Troika aus Europäischer Union, EZB und Internationalem Währungsfonds das von Griechenland vorgeschlagene Sparpaket. Dieses wird bisher nicht akzeptiert, da Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit einzelner Punkte bestehen. Sollten die geforderten zusätzlichen Informationen nicht geliefert werden, so muss mit einer Ablehnung weiterer Hilfszahlungen gerechnet werden und der Bankrott von Griechenland wäre besiegelt.

EZB wagt mit ihrem Beschluss eine Wende in ihrer Geldpolitik

Mit den unbegrenzten Ankäufen will die EZB erreichen, dass die bisher zu hohen Risikoaufschläge der Krisenländer wie Spanien und Italien sinken, um diesen Ländern die Sanierung der Staatshaushalte und die bereits eingeleiteten Reformen zu erleichtern. Um den Druck für neue Reformen weiterhin aufrecht zu erhalten, wird die EZB nur Anleihen mit einer Laufzeit von 1 bis 3 Jahren ankaufen. Zur Vermeidung von Spekulationen gegen ihre Maßnahmen legt die EZB bewusst nicht offen, wann und unter welchen Bedingungen bzw. in welchem Umfang die Ankäufe erfolgen sollen. Allerdings formuliert sie klar, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit sie Ankäufe tätig. Die Krisenländer müssen sowohl einen formellen Hilfsantrag stellen, als auch unter den ESM kriechen und strenge Reformvorgaben erfüllen.

Die Reaktionen auf den EZB-Beschluss sind unterschiedlich ausgefallen. Während die Börsen direkt im Anschluss an die EZB-Sitzung mit einem Kursfeuerwerk reagierten und in den krisengeschüttelten Ländern gejubelt wurde, ist die Reaktion von Angela Merkel sehr verhalten ausgefallen. Die Bundeskanzlerin kommentierte den Beschluss mit: „Reformen können nicht durch solche Maßnahme ersetzt werden.“ Bundesbankpräsident Jens Weidmann hatte sogar in der EZB-Sitzung gegen die neuen Maßnahmen gestimmt, weil aus seiner Sicht eine Staatsfinanzierung durch die Notenpresse große Inflationsgefahren birgt und außerdem der Druck auf die Politik zur Umsetzung von Reformen verringert wird.

Trotz des Kurswechsels im Kampf um den Euro betont Draghi, dass „die EZB unabhängig bleibt und innerhalb ihres Mandats zur Sicherung der Geldwertstabilität handelt“. Gerade der letzte Punkt wird von Skeptikern kritisch betrachtet. Ob es die EZB wie geplant schafft, das in Umlauf gebrachte Geld wieder abzuschöpfen und die Inflationsgefahr einzudämmen, bleibt abzuwarten.

Langfristig steigende Zinsen nach EZB-Beschluss erwartet

Führen die Maßnahmen der EZB tatsächlich über einen längeren Zeitraum zu einer Entspannung an den Kapitalmärkte, so erwarten Zinsexperten wie Stephan Gawarecki von Dr. Klein einen deutlichen Anstieg der Rendite für langlaufende deutsche Staatsanleihen und damit auch der Zinssätze für Baufinanzierungen. Erstarkt das Vertrauen der Investoren in den Sanierungswillen der Eurokrisenländer, so werden diese wieder vermehrt in Staatsanleihen der Krisenländer investieren und die steigende Nachfrage hat ein Sinken der Rendite zur Folge. Zusätzlich werden die Zinssätze durch weitere Faktoren in die Höhe getrieben. Insbesondere wird die geplante Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen für Ausfallrisiken der Banken eine Verknappung des Kreditangebots und damit eine Verteuerung nach sich ziehen. Sollte Deutschland für die Schulden anderer Länder aufkommen müssen, dann ist zusätzlich zu befürchten, dass seine Kreditwürdigkeit schlechter eingeschätzt wird und deshalb für die Aufnahme von neuen Schulden höhere Kosten entstehen.

„Aufgrund der aktuellen Entwicklungen empfehlen wir unseren Kunden, die eine Immobilie erwerben bzw. bauen wollen oder auch eine bestehende Finanzierung ablösen möchten, sich umgehend die noch historisch günstigen Konditionen zu sichern“, rät Stephan Gawarecki. „Um das Zinsänderungsrisiko zum Ablauf der ersten Zinsbindung zu reduzieren, sollten lange Laufzeiten mit einer anfänglichen Tilgung von 2% kombiniert werden“, so Gawarecki weiter. Neben der Höhe der Zinsen sollten die Kunden darauf achten, dass kostenlose Optionen zum Tilgungssatzwechsel und zur Zahlung von Sondertilgungen enthalten sind, damit die Kunden eine größtmögliche Flexibilität haben.

Tendenz:

-Kurzfristig: steigend
-Langfristig. steigend

Quelle: Kommentar zur Zinsentwicklung 2013 der Dr. Klein & Co. AG vom 17.09.2012 auf Zinsentwicklung.de

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