Zinsprognose 2011: Zwischentief bei den Zinsen jetzt nutzen

In den vergangenen sechs Wochen ist es zu einer bemerkenswerten Kurserholung am amerikanischen und deutschen Anleihemarkt gekommen. Dies hat auch die Zinsen für Baugeld in Deutschland wieder um rund 40 Renditestellen vergünstigt. Die Nachfrage nach Staatsanleihen dieser beider Länder hat mehrere Gründe: In den USA hat eine Reihe von schlechten Konjunkturdaten das Vertrauen in einen nachhaltigen Aufschwung erschüttert und gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit einer raschen Leitzinserhöhung durch die Notenbank gesenkt. Es sieht also doch so aus, als ob uns die Phase historisch tiefer Kurzfristzinsen in den USA erhalten bleibt. Das stützt zumindest kurzfristig auch die Nachfrage nach längerfristigen Anleihen, da Gelder vom Aktienmarkt in den scheinbar sicheren US-Treasury-Markt umgeschichtet werden. Da US-Staatsanleihen für viele Überschussländer wie China, Brasilien oder Singapur die Hauptanlageform für ihre Währungsreserven sind, steigt die Nachfrage immer dann, wenn andere Alternativen noch risikobehafteter erscheinen. Da die ausweglose Situation Griechenlands zu vielen Fragezeichen zur der Zukunft des Euroraums führt, schrecken diese Länder derzeit auch vor Erhöhungen der Euro-Quote ihrer Reserven zu Lasten der Dollar-Quote zurück – auch wenn sie das grundsätzlich gerne verändern würden. Innerhalb des Euroraums konzentriert sich die Nachfrage ganz klar auf deutsche Bundesanleihen, was wiederum zu fallenden Zinsen in Deutschland führt. Es ist also vor allem das bekannte Muster der Flucht in die Qualität, das in den vergangenen Wochen die Zinsen nach unten bewegt hat. Leider ist das nur eine kurze Phase des Aufatmens. Die zugrundeliegenden Probleme sind groß und die Wurzeln liegen tief.
Keine Entwarnung aus den USA
Der Immobilienmarkt in den USA zeigt weiterhin keine Anzeichen von Stabilisierung, immer noch sinken die Preise und die Schuldenprobleme der Konsumenten werden nicht geringer. Das drückt auf die Konsumnachfrage und lässt kein echtes Wachstum aufkommen. Die riesigen Konjunkturpakete des Staates verpuffen und hinterlassen wenig mehr als einen Staatsschuldenberg, der relativ gesehen die USA bald in griechische Dimensionen hieven wird, wenn es nicht zu dramatischen Sparmaßnahmen kommt – was wiederum das Wachstum weiter beschneiden wird. Da in den USA sowohl der Staat als auch die privaten Haushalte hoch verschuldet sind, versucht die US-Notenbank derzeit, durch ihre praktische Null-Zins-Politik Entlastung zu schaffen, indem sie die Kapitalmarktzinsen nach unten manipuliert. Das macht sie sowohl durch einen tiefen Leitzins als auch durch Aufkäufe von Staatsanleihen am Markt. Weil der Staat für seine Schulden nur ganz geringe Zinsen zahlt, die inzwischen unter der Inflationsrate liegen, werden die Halter und Käufer dieser Anleihen um ihren realen Ertrag gebracht. Währenddessen gewinnt der Staat Zeit und hält seine Zinslast unter Kontrolle. Das wirkt wie eine Art Steuer. Man kann auch sagen, dass China, Japan und andere Großinvestoren in US-Staatsanleihen die USA derzeit subventionieren. Wie lange sie das noch tun werden, ist allerdings eine berechtigte Frage. Wenn das Vertrauen zum Beispiel im Zuge der aktuellen Diskussion der Rating-Agenturen über eine Herabstufung der Schuldnerqualität der USA nachhaltig sinkt, dann könnte die Risikoprämie auch für die USA kräftig nach oben schnellen. Ein Zinsschock, der dann natürlich auch Auswirkungen auf alle anderen Anleihemärkte weltweit hätte, wäre die Folge.

Druck auf Zinsentwicklung bleibt bestehen
Doch auch die Flucht in die Qualität deutscher Bundesanleihen könnte von nur kurzer Dauer sein. Schließlich ist schon heute Deutschland der Zahlmeister der EU und diese Rolle wird sich bei einer Fortsetzung des bisherigen prekären Umgangs mit der Schuldenkrise einiger Euroländer noch weiter verfestigen. Der Widerstand von Kanzlerin Angela Merkel gegen die Etablierung einer Transferunion nach Wunsch einer Reihe der anderen Mitgliedsländer ist schwach und auch die Gefahr einer „Verpolitisierung“ der Europäischen Zentralbank (EZB) unter neuer Führung ist durchaus gegeben. Dabei darf nicht vergessen werden, dass selbst Deutschland in 2010 bei phänomenalen 3% Wirtschaftswachstum 45 Mrd. Euro Neuschulden gemacht hat. Einzelne Bundesländer, Städte und Gemeinden hängen heute schon am innerdeutschen Transfertopf so wie Griechenland an den Rettungspaketen, ohne dass nachhaltige Reformen zu einer Verbesserung der Situation führen würden. Wie stark sind also die angeblich starken Euroländer wirklich, wenn es um Staatsverschuldung und Schuldenabbau geht? Auch für Deutschland, dem ultimativen Euroland-Schuldner, besteht also die Gefahr, dass höhere Risikoprämien gefordert werden, wenn neue Schulden finanziert werden sollen. Und natürlich führt auch in Deutschland die Tiefzinspolitik der EZB inzwischen zu einer Verzinsung der Bundesanleihen, die bei Berücksichtigung der Abschlagsteuer zu weniger Ertrag führt, als die Inflation ausmacht. Eine versteckte Steuer also für Sparer.

Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass Baufinanzierungskunden die aktuelle Phase sinkender Zinsen auf jeden Fall nutzen sollten. Sie können sich neben dem Staat derzeit auf die Gewinnerseite stellen, während die Sparer kein leichtes Leben haben. Die Gefahr, dass bei weiter ausufernden Staatsschulden die Anleihemärkte in den nächsten Jahren in massive Stürme geraten, steigt kontinuierlich. Daher sollten auch alle potentiellen Anschlussfinanzierer die Gunst der Stunde nutzen und für Kalkulationssicherheit auf lange Frist sorgen.

Quelle: Zinsprognose 2011 der Interhyp AG vom 03.06.2011

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