Aktuell: Verstößt Grunderwerbsteuer auf Bauleistungen gegen EU-Recht?

(Berlin) – Grunderwerbsteuer wird in Deutschland häufig auch auf Bauleistungen erhoben. Der Europäische Gerichtshof prüft diesen „nationalen Belastungscocktail“. Erwartet wird eine Entscheidung zugunsten der Verbraucher.

Das Problem: Grunderwerbsteuer muss doppelt entrichtet werden

Das ist übliche Praxis: Ein Bauherr erwirbt ein Grundstück und beauftragt zu einem späteren Zeitpunkt ein Unternehmen, auf diesem Grund und Boden eine Immobilie zu errichten. Oder er beabsichtigt ein Grundstück zu erwerben, beauftragt bereits das Unternehmen und kauft die Immobilie danach. In diesen Fällen haben die Finanzämter regelmäßig Grunderwerbsteuer auf den Anschaffungspreis des Grundstücks und die Kosten für die Bauerrichtung berechnet.
Die Grunderwerbsteuer beträgt derzeit 3,5%. Die Grund- und Bodenkosten sind in der Regel deutlich geringer als die Kosten für die Herstellung des Gebäudes, so dass durch die Erhebung der Grunderwerbsteuer auch auf die Baukosten eine deutliche Mehrbelastung des Bauherrn eintritt.

Was wird überprüft?

In einer aktuellen Entscheidung hat das Niedersächsische Finanzgericht nunmehr Bedenken hinsichtlich dieser Verfahrensweise durch die Finanzbehörden erhoben und diesen Vorgang dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft zur Entscheidung vorgelegt.
Dabei weist das Finanzgericht auf den interessanten Gesichtspunkt hin, dass im Bereich der Europäischen Gemeinschaft ein so genanntes Mehrfachbelastungsverbot nach Artikel 401 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie gilt.

Das sagt der Europäische Gerichtshof: keine Grunderwerbsteuer, wenn Mehr-wertsteuer zu zahlen ist

Der Europäische Gerichtshof vertrat bereits in der Vergangenheit die Auffassung, dass für Bauleistungen keine Grunderwerbsteuer verlangt werden könne, wenn der Bauherr ein Verbraucher ist und darauf bereits Umsatzsteuer zahlen müsse.

Da Bauleistungen von Unternehmen in der Regel jeweils mit Umsatzsteuer abgerechnet werden, meint der Europäische Gerichtshof: Es darf keine Grund-erwerbsteuer auf die Bauleistungen verlangt werden, wenn dafür bereits Mehrwertsteuer berechnet wird! Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Kauf des Grundstückes und die Bebauung in einem Vertrag einheitlich geregelt worden sind. In allen Fällen, in denen beides auseinander fällt, darf keine Grunderwerbsteuer für Bauleistungen erlangt werden.

Das ist zu beachten: Bundesfinanzhof hält doppelte steuerliche Belastung für gerechtfertigt

Das höchste deutsche Steuergericht, der Bundesfinanzhof, vertritt eine gegenteilige Auffassung. Er hält es für gerechtfertigt, dass ein Bauherr auf den Grundstückserwerb Grunderwerbsteuer zahlt, die Bauleistungen mit Mehrwertsteuer bezahlt und auf all das noch einmal Grunderwerbsteuer entrichtet.
Nunmehr hatte das Niedersächsische Finanzgericht den Mut, diese einzigartige Praxis deutscher Finanzgerichtsbarkeit dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen, damit dieser – so wörtlich – „nationale Belastungscocktail“ durch den Europäischen Gerichtshof geprüft werde.

BSB-Kommentar von Vertrauensanwalt Peter Mauel, Leverkusen: Es spricht vieles dafür, dass der Europäische Gerichtshof auf die Vorlage durch das Niedersächsische Finanzgericht die derzeitigen Regelungen in Deutschland für unwirksam erklären wird. Das wäre ein großer Fortschritt für den Verbraucher, immerhin geht es um 3,5 Prozent der Baukosten. Jeder Bauherr sollte diese ausstehende Entscheidung verfolgen und seine Situation prüfen. Er sollte sich ggf. mit seinem Steuerberater in Verbindung setzen und prüfen lassen, ob es sinnvoll ist, einen Einspruch gegen den Grunderwerbsteuerbescheid einzulegen.

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