SONNIGE AUSSICHTEN FÜR HÄUSLEBAUER: ZINSEN AUF ALLZEITTIEF

Michiel Goris, Vorstandsvorsitzender der Interhyp AG: „Die außergewöhnlich guten Finanzierungsbedingungen für Immobilienkäufer haben sich im gesamten August fortgesetzt. Die Zinsen für zehnjährige Kredite liegen bei Bestanbietern und hohem Eigenkapitaleinsatz unter einem Prozent. Viele Kreditnehmer erhalten ihr Immobiliendarlehen zu Konditionen von unter 1,2 Prozent. Daran wird sich kurzfristig kaum etwas ändern. Einerseits halten die europäische und amerikanische Notenbank aktuell an ihrer Politik des billigen Geldes fest. Andererseits lassen Arbeitsmarkt-, Inflations- und Konjunkturdaten noch keine deutliche Trendwende erkennen. Wie das Interhyp-Bauzins-Trendbarometer zeigt, gehen die Experten kurzfristig weiter von extrem günstigen Baugeldkonditionen aus. Mittel- bis langfristig sind leicht steigende Zinsen aber wieder möglich.“

Im August haben nicht nur viele Menschen Urlaub gemacht, sondern ebenso die schlechten Wirtschaftsnachrichten. Nach dem Brexit-Schock und Schlagzeilen um die italienische Bankenkrise Anfang des Sommers blieb es im August weitestgehend ruhig. Wie das Statistische Bundesamt in einer ersten Schätzung mitteilte, hat die Inflation in Deutschland wider Erwarten nicht angezogen. Im August verharrte die jährliche Inflationsrate bei 0,4 Prozent. Die Arbeitslosigkeit stieg hierzulande vor allem saisonbedingt leicht an und liegt bei rund sechs Prozent. Auch die Zahlen aus dem übrigen Europa fielen zuletzt weder sehr positiv noch sehr negativ auf. Die Europäische Zentralbank (EZB) muss entsprechend weiterhin erkennen, dass die expansive Geldpolitik die Konjunktur bisher noch nicht nachhaltig anzukurbeln vermochte und dass ein Inflationsziel von knapp unter zwei Prozent in weiter Ferne liegt. Dass die Ende August gedrosselten Anleihekäufe der europäischen Währungshüter, die sich bis dato auf rund eine Billion Euro summiert haben, eine Abkehr der bisherigen Strategie einläuten, scheint aktuell unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist indes, dass die amerikanischen Notenbanker die lockere Geldpolitik im Winter bei guten Arbeitsmarkt- und Konjunkturdaten weiter leicht zurückfahren. Die US-Notenbankpräsidentin Janet Yellen hat bei der weltweiten Jahrestagung der Notenbanker deutliche Signale für eine Anhebung der Leitzinsen in den USA gesendet.

Wie die im Interhyp-Bauzins-Trendbarometer befragten Experten einhellig äußern, ist eine kurzfristig gleichbleibend günstige Zinsentwicklung 2016 das wahrscheinlichste Szenario. So sagt der Experte der Commerzbank: „Die Renditen von Bundesanleihen sind bei sich erholendem Risikoappetit etwas von ihren Tiefständen gestiegen. Der Brexit-Schock ist in den Hintergrund gerückt. Der Fokus liegt wieder auf der konjunkturellen Entwicklung in den USA und dem Euroraum und wie die Fed und die EZB darauf reagieren. Das moderate Wirtschaftswachstum und die niedrige Kerninflation sprechen dafür, dass die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen noch einige Monate im negativen Bereich verharren, zumal die EZB ihr Anleihekaufprogramm über den März 2017 hinaus verlängern dürfte. Da sich aktuell aber nur rund zwei Drittel aller ausstehenden Bundesanleihen für das Kaufprogramm qualifizieren, dürfte die EZB die Parameter ihres Programms lockern. Dies dürfte den Abwärtsdruck von den Renditen langlaufender Bundesanleihen nehmen. Die Zinsen für zehnjährige Hypothekendarlehen dürften sich kurzfristig an diesem Seitwärtstrend orientieren.“

Ähnlich sieht es der Chefvolkswirt der ING-DiBa und urteilt: „Trotz erneuter Spekulationen über eine mögliche Leitzinserhöhung der Fed im September oder Dezember sollten die Kapitalmarktzinsen niedrig bleiben. Eine Zinserhöhung in den USA wäre rein kosmetischer Natur und stellt kein Ende der lockeren Geldpolitik und eine höhere Zinsentwicklung 2017 dar. Solange alle anderen Zentralbanken den Markt mit Liquidität überspülen und Anleihen kaufen, gibt es für die Kapitalmarktzinsen nur wenig Spielraum nach oben.“ Dem stimmt der Experte der Allianz zu: „Die Märkte werden von der bereitgestellten Liquidität bestimmt. Im Tagesverlauf sind öfter leichte Versuche zu beobachten, etwas höhere Zinssätze zu etablieren, aber diese Versuche sind erfolglos.“ Auch nach Angaben der Postbank-Experten dürfte die Europäische Zentralbank ihr Anleiheankaufprogramm in näherer Zukunft noch einmal verlängern. „Zudem haben sich die konjunkturellen Aussichten für den Euroraum durch das Brexit-Votum etwas eingetrübt. Ferner sollte die Bank of England ihre Geldpolitik noch weiter lockern. Die US-Notenbank wiederum dürfte zwar an ihrer Strategie einer allmählichen geldpolitischen Straffung festhalten, wird dabei aber aller Voraussicht nach sehr vorsichtig agieren. In der Summe lassen die Notenbanken damit kaum Raum für einen nachhaltigen Renditeanstieg an den Rentenmärkten. Auf Sicht von sechs Monaten rechnen wir vor diesem Hintergrund mit einem weitgehend konstanten Renditeniveau bei zehnjährigen Bundesanleihen.“

Quelle: Bericht zur Zinsentwicklung 2017 der Interhyp AG vom 01.09.2016

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