Baugeldzinsen – eine Bestandsaufnahme

Ein bewegtes Jahr in Bezug auf die Entwicklung der Baugeldzinsen liegt hinter uns. Während sich von Jahresbeginn bis Mitte April der durchschnittliche Zins für Baufinanzierungen um ca. 0,50 Prozentpunkte verteuerte, fiel er bis Jahresende um fast einen Prozentpunkt. Die Tiefststände bei Baufinanzierungszinsen vom Herbst 2010 sind annähernd wieder erreicht. Hintergrund war die sich verfestigende Schuldenkrise im europäischen Raum: Investoren flüchteten aus Anleihen schwächerer Schuldner in Anleihen von Ländern exzellenter Bonität, zu denen unter anderem auch Deutschland zählt. Infolgedessen sanken die Renditen dieser Staatsanleihen auf neue Tiefststände. Banken in Deutschland, die sich am Pfandbriefmarkt refinanzieren, profitierten von diesem allgemein vergünstigten Zinsniveau und gaben die Finanzierungsvorteile in Form günstigerer Baufinanzierungskonditionen weiter. Andere Anbieter, wie z.B. Versicherungsunternehmen, die Kundengelder in Form von Baufinanzierungen anlegen, sahen sich gezwungen, ebenfalls günstigere Konditionen anzubieten.

Um abschätzen zu können, wie sich die Zinsen in den nächsten Monaten entwickeln werden, bietet es sich an, auf die wichtigsten makroökonomischen Gegebenheiten einzugehen: Die Politik hat es leider immer noch versäumt, den Ankündigungen eines Rettungsschirms konkrete Taten folgen zu lassen. Diverse europäische Regierungen haben zwar umfangreiche und teils einschneidende Sparprogramme beschlossen, dies wird jedoch in 2012 zunächst zu einem Rückgang der Wirtschaftsleistung in diesen Ländern führen. Wachstumsimpulse – auch von Seiten der Weltwirtschaft – gibt es derzeit noch nicht. Durch den nachlassenden Inflationsdruck (sinkende Wirtschaftsleistung sowie sinkende Preise für Rohstoffe) ist es wahrscheinlich, dass die Europäische Zentralbank im ersten Halbjahr 2012 erneut den Leitzins senken wird.

Wie kritisch die Schuldensituation europäischer Staaten selbst von europäischen Banken eingestuft wird, zeigt, dass sich europäische Banken Ende Dezember fast Euro 500 Mrd. durch einen Drei-Jahres-Kredit bei der EZB geliehen haben, dieses Kapital aber nicht untereinander verliehen, was Ziel der EZB-Aktion war. Stattdessen parken die Banken das Geld in fast gleicher Höhe wieder über Nacht bei der EZB. Ursache dafür ist die Befürchtung, verliehenes Geld nicht zurück zu bekommen, weil viele Banken in Staatsanleihen investiert sind, die aufgrund von Staatspleiten oder Abstufungen durch Ratingagenturen einen Wertverlust erleiden würden, und diese Banken dann das Geld nicht mehr zurückzahlen könnten.

Auf Seiten der Staaten sehen sich europäische Schwergewichte wie Italien oder Spanien derzeit hohen Zinssätzen bei Refinanzierungen von Staatsschulden gegenüber, wohingegen Deutschland – aufgrund der guten Bonität – gerade eine sechsmonatige Anleihe platzieren konnte, bei der Investoren keine Zinsen fordern. Diese Ungleichgewichte werden auf Dauer keinen Bestand haben. Sollte es die europäische Politik in den nächsten Monaten nicht schaffen, wieder das Vertrauen der Kapitalmärkte zu gewinnen, sodass sich systementscheidende Länder wie Italien oder Spanien langfristig wieder deutlich günstiger
refinanzieren können, wird die EZB keine andere Möglichkeit haben, als Anleihen im unbegrenzten Maße am Markt aufzukaufen bzw. als Sicherheiten von Banken zu akzeptieren, um das Zinsniveau in diesen Ländern zu drücken. Andernfalls wäre ein Auseinanderbrechen der Europäischen Währungsunion aufgrund von Staatspleiten die Folge. Sollte sich die EZB zu diesem Schritt entscheiden, hätte dies auch zur Folge, dass Investoren massiv Kapital aus deutschen Staatsanleihen abziehen und das allgemeine Zinsniveau – somit auch für Baufinanzierungszinsen – wieder deutlich ansteigt.

Auf Jahressicht erwarten wir für die Zinsentwicklung 2012 steigende Zinsen. Ob dies schnell oder eher langfristig geschieht, wird von den Handlungen der europäischen Politik und der EZB in den nächsten Wochen/Monaten abhängen. Insgesamt kann festgehalten werden, dass der deutsche Baufinanzierungsmarkt derzeit eine Sonderkonjunktur erlebt. Kunden, die jetzt oder auch in der Zukunft (Umschuldungen) finanzieren müssen, sollten sich das aktuell günstige Niveau mit langfristigen Zinsbindungen sichern. Bei der optimalen Ausgestaltung Ihrer Baufinanzierung unterstützen unsere Berater gerne. Sprechen Sie uns einfach an.

Tendenz:
Kurzfristig: Seitwärts schwankend
Langfristig: steigend

Quelle: Kommentar zur Zinsentwicklung 2012 der Dr. Klein & Co. AG auf Zinsentwicklung.de

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